Kugelfische
Der Kugelfisch
Schon im Normalzustand sieht ein Kugelfisch für das menschliche Auge seltsam aus. Wenn er sich bei Gefahr zu einem kreisrunden Ballon aufbläst, ist der Anblick bizarr und gleichzeitig faszinierend. Trotz ihres tödlichen Gifts sind mehr als 20 Kugelfischarten essbar und gelten in Japan als Delikatesse mit Nervenkitzel.
Wissenswertes über Kugelfische
Kugelfische (Tetraodontidae) bilden die zahlenmäßig größte Familie innerhalb der Ordnung der Kugelfischverwandten (Tetraodontiformes). Bisher bekannt sind 28 Gattungen mit etwa 200 Arten, die überwiegend in den Küstenregionen tropischer und subtropischer Weltmeere leben. Rund 35 Arten sind in Brackwasser- oder Süßwassergebieten Südamerikas, Afrikas und Südostasiens beheimatet. Der wissenschaftliche Name Tetraodontidae („Vierzahniger“) leitet sich von den vier großen Zähnen im Maul der Kugelfische ab, die zu einer oberen und einer unteren Zahnleiste verwachsen sind. Sie dienen vor allem dem Zerkleinern der Schalen von Krebstieren. Neben Garnelen, Krebsen, Muscheln oder Schnecken ernähren sich Kugelfische bevorzugt von Seeigeln, Seesternen und anderen Weichtieren. Für die meisten Arten ist eine hartschalige Nahrung überlebenswichtig, da sie beim Verzehr ihre Zähne abnutzen, die ansonsten ständig weiterwachsen würden.
Kugelfische bewegen sich im Wasser relativ langsam. Sie sind allerdings sehr wendig und können sowohl vorwärts als auch rückwärts schwimmen. Sogar ein Drehen auf der Stelle ist möglich. Der Antrieb erfolgt hauptsächlich mithilfe der beiden Brustflossen, während die Schwanzflosse eine Steuerfunktion übernimmt. Die einzelnen Kugelfischarten unterscheiden sich vor allem in ihrer Körperlänge, die von wenigen Zentimetern bis zu mehr als einem Meter reicht. Die Körperform der Tiere ist rund und gedrungen, die großen Augen lassen sich unabhängig voneinander bewegen. Viele Arten können als Reaktion auf die Umweltbedingungen ihre Hautfarbe sowie die Intensität der Musterung ändern. Obwohl die meisten Kugelfische eine graue Grundfärbung haben, weisen viele der Tiere zusätzlich leuchtende Farben sowie unverwechselbare Markierungen auf. Verhaltensbiologisch betrachtet handelt es sich dabei um ehrliches Signaling für Aposematismus. Durch die Warnfärbung signalisiert der Kugelfisch seine Ungenießbarkeit und versteckt sich deshalb auch nicht vor potenziellen Fressfeinden. Aposematismus ist folglich das Gegenteil einer Strategie der Tarnung.
Das Erbgut der Kugelfischart Takifugu rubripes dient in einigen biologischen Labors als Forschungsobjekt, um die Funktion menschlicher Gene besser zu verstehen. Die Sequenzierung des kompletten Genoms wurde im Jahre 2002 abgeschlossen. Nach der Bestimmung des menschlichen Erbguts im Rahmen des Human Genom Project (HGP) stellt die Kugelfisch-DNA das zweite vollständig entschlüsselte Genom dar. Durch DNA-Vergleiche konnten beim Menschen inzwischen rund 1.000 neue Gene identifiziert werden.
Verteidigungsstrategien von Kugelfischen
Kugelfische verfügen über eine bemerkenswerte Eigenschaft: Wenn Gefahr droht, können sie den Körper unglaublich schnell kugelrund aufpumpen. Mithilfe ihrer starken Muskulatur befördern die Tiere ruckartig Wasser aus der Mundhöhle in eine sackartige Ausstülpung des Magens. Ein Zurückfließen des Wassers wird durch die Ringmuskeln am Mageneingang verhindert. Die langen, scharfen und äußerst giftigen Stacheln, die den Körper bedecken, stellen sich zusätzlich bedrohlich auf. Durch diese Drohgebärde werden die meisten Raubfische eingeschüchtert und ziehen sich sofort zurück.
Aufgrund der starken Volumenzunahme von mehr als 300 Prozent ist es für einen Fressfeind so gut wie unmöglich, einen aufgeblasenen Kugelfisch herunterzuschlucken. Der berühmte Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau beobachtete, dass sich die Tiere im Rachen von Haien noch weiter aufpumpen und dadurch den Raubfisch ersticken können. Gelingt es einem Räuber, den Kugelfisch trotzdem zu verschlingen, stirbt er in der Regel innerhalb kurzer Zeit an den Folgen des Nervengifts Tetrodotoxin. Dieses wird zunächst über die Stacheln abgegeben, tote Kugelfische setzen es zusätzlich aus ihren inneren Organen frei.
Kugelfische zählen zu den giftigsten Tieren der Erde
Nach dem Goldenen Giftfrosch ist der Kugelfisch die zweitgiftigste Tierart auf unserem Planeten. Das Gift mit dem Hauptbestandteil Tetrodotoxin (TTX) befindet sich vor allem in der Haut, den Eierstöcken sowie der Leber. TTX, eines der stärksten, nicht proteinartigen Gifte, wirkt ausschließlich auf die Nerven es Körpers. Bei vollem Bewusstsein tritt der Tod des Opfers durch lähmungsbedingten Herz- oder Atemstillstand ein. Neben dem Tetrodotoxin kommt in allen Kugelfischarten auch das Gift Saxitoxin vor. Beide haben eine ähnliche Wirkung auf den Menschen. Die Kugelfische selbst sind resistent gegenüber diesen Giften. Als Ursache identifizierten Biologen Veränderungen (Punktmutationen) in den Natriumionenkanälen der Nervenzellen. Dadurch können Tetrodotoxin beziehungsweise Saxitoxin nicht mehr an diese Kanäle andocken und das Nervensystem blockieren.
Bis heute ist nicht genau geklärt, auf welche Weise die Nervengifte im Körper des Kugelfischs entstehen. Viele Biologen gehen davon aus, dass verschiedene Bakterien innerhalb des Darmtrakts der Fische für die Tetrodotoxinproduktion verantwortlich sind. Einer Forschungsgruppe gelang es, Vibrionen in der Kugelfischart Takifugu vermicularis nachzuweisen, die zur Giftbildung fähig sind. Die Bakterien werden vermutlich über die Nahrung aufgenommen. Für diese These spricht, dass Kugelfische, die zum Verzehr gezüchtet werden, mit der Zeit ihre Giftwirkung verlieren. Das geschieht besonders dann, wenn die Nahrung der Tiere streng kontrolliert wird.
Fortpflanzung
Kugelfische besitzen nicht nur außergewöhnliche Methoden zur Verteidigung, das Fortpflanzungsverhalten ist ebenfalls einzigartig. Die meisten der erwachsenen Fische sind typische Einzelgänger und treffen sich lediglich zur Paarungszeit. Wenn sich ein Kugelfischpaar gefunden hat, kommt es zunächst zur Balz, die mehrere Tage andauern kann. Dabei umkreisen sich die Tiere abwechselnd und pumpen sich immer wieder zu ihrer Kugelform auf.
Zum Laichen schwimmen die beiden Fische gemeinsam in die Nähe des Ufers. Dort legt das Weibchen die Eier ab, die sofort von dem Männchen befruchtet werden. Je nach Art werden dabei bis zu hundert Eier freigesetzt. Bei den meisten Salzwasser-Kugelfischen sind die Eier extrem leicht, sodass sie auf der Wasseroberfläche schwimmen. Zum Schutz verfügen sie häufig über eine harte Schale. Die Jungtiere schlüpfen innerhalb weniger Tage bis Wochen. Bei einigen Kugelfischarten legt das Weibchen die Eier in eine Art Nest, wo sie bis zum Schlupf von dem Männchen bewacht und verteidigt werden.
Japaner lieben Fugu
In Japan gelten Kugelfische trotz ihres Gifts als Spezialität. Verzehrt wird nur das ungiftige Muskelfleisch, das auch die Bezeichnung Fugu trägt. Ein falsch filetierter Fisch kann allerdings für Menschen tödlich sein. Aus diesem Grund unterliegt in Japan die Zubereitung dieser Delikatesse einer besonderen Lizenz. Wer in Tokio als Fugu-Koch arbeiten möchte, muss eine zweijährige Ausbildung unter Anleitung eines erfahrenen Profis nachweisen. Erst nach einem bestandenen Test darf der frischgebackene Spezialkoch seinen ersten Kugelfisch selbstständig zubereiten. Die entfernten Innereien und sonstigen Fischabfälle werden anschließend in verschließbaren Behältern als giftiger Sondermüll entsorgt. Trotz aller Vorsicht fordert der kulinarische Nervenkitzel Jahr für Jahr mehrere Todesopfer.
Wir danken an dieser Stelle für das bereitstellen der Fotos:
· Fotografin Petra Kupke – Portfolio Fotocommunity
· Fotografin Christa 747 NMI – Portfolio Fotocommunity
· Fotograf und Hobbytaucher Sven Bachström – Portfolio Fotocommunity
· Fotograf Uwe Widdmann – Portfolio Fotocommunity
Video: Riesen-Kugelfisch
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Video: Igelfisch wird aus Netz befreit…
Igelfische (Diodontidae) sind eine Familie in der Ordnung der Kugelfischverwandten.