Kinofilm: Jacques, Entdecker der Ozeane von Jérôme Salle
Neuer Film über Jacques Cousteau ab Dezember in den deutschen Kinos
Am 8. Dezember 2016 kommt der neue Spielfilm des französischen Regisseurs Jérôme Salle in Deutschland auf die Kinoleinwand. „Jacques, Entdecker der Ozeane“ zeigt die faszinierende Lebensgeschichte des Tauchpioniers Jacques-Yves Cousteau und seiner Familie. Das bildgewaltige Epos stellt mit den Gesamtkosten von 35 Millionen Euro eine der aufwendigsten französischen Filmproduktionen aller Zeiten dar. Mit den einmaligen Natur- und Unterwasseraufnahmen ist „Jacques“ ein Muss für alle Taucher und Naturliebhaber.
Commandant Jacques-Yves Cousteau
Kein anderer Name steht so für die Entdeckung der Unterwasserwelt wie der des Kommandanten Jacques-Yves Cousteau. Die Calypso mit ihrer Besatzung und nicht zuletzt Cousteaus rote Wollmütze sind heute noch berühmt. Der Franzose war ein weltbekannter Tauchpionier, Wissenschaftler, Entdecker, Autor, Filmemacher und Erfinder. Mit der Entwicklung der Aqualunge läutete er die Geburtsstunde des unabhängigen Gerätetauchens ein. Die Jacques-Yves Cousteau Filme gehören noch immer zu den bedeutendsten Unterwasser-Dokumentationen.
In seinem neuen Film zeigt der Regisseur Jérôme Salle den Commandante Jacques-Yves Cousteau auf eine intime und persönliche Weise. Neben beruflichen Höhen und Tiefen beleuchtet er auch Aspekte aus dem Leben des berühmten Meeresforschers, die bisher in der Öffentlichkeit noch wenig bekannt sind. Mit Lambert Wilson (Matrix Reloaded), Pierre Niney (Yves Saint Laurent) und Audrey Tautou (Die fabelhafte Welt der Amélie) gelang es Jérôme Salle, drei hochkarätige Schauspieler vor die Kamera zu stellen. „Jacques, Entdecker der Ozeane“ zählt zu den teuersten französischen Spielfilmen. Die Produktionskosten betrugen rund 35 Millionen Euro. Die aufwendigen Filmaufnahmen entstanden an Originalschauplätzen unter anderem in Kroatien, Südafrika, Brasilien sowie der Antarktis.
„Jacques, Entdecker der Ozeane“ – die Handlung
Im Jahre 1949 lebt Jacques-Yves Cousteau (Lambert Wilson) mit seiner Frau Simone (Audrey Tautou) und den Kindern in ihrem Haus am Mittelmeer. Die Eltern träumen von der Ferne und den Abenteuern, die dort auf sie warten. An Bord der Calypso, einem ehemaligen Minenräumschiff, geht das Paar gemeinsam auf Forschungsreisen und gibt die Söhne Jean-Michel und Philippe in ein Internat. Nach vielen Jahren kehrt der erwachsene Philippe (Pierre Niney) zu seinen Eltern auf die Calypso zurück. Jacques Cousteau hat sich inzwischen vollkommen verändert. Aus dem engagierten Meeresforscher ist ein internationaler Filmstar und rücksichtsloser Frauenheld geworden. Philippe hingegen fühlt sich dem Schutz der Artenvielfalt in den Ozeanen verpflichtet und sieht darin die Lebensaufgabe der Familie Cousteau. Nach anfänglichen Spannungen finden Jacques und sein Sohn während einer gefährlichen Antarktisexpedition wieder zueinander, bis das Schicksal zuschlägt.
Kinotrailer: Jacques, Entdecker der Ozeane
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Interview mit Jérôme Salle (Regie)
Was verbanden Sie mit dem Namen Cousteau, bevor Sie den Wunsch verspürten oder auf die Idee kamen, ihm einen Film zu widmen?
Das geht bis in meine Kindheit zurück… Ich bin in Südfrankreich aufgewachsen, meine Eltern hatten ein Segelboot, und wir segelten an Orten, an denen Cousteau anfangs getaucht war, zwischen den Inseln Embiez und Porquerolles, all diesen Inseln im Departement Var. Natürlich sind mir auch seine Dokumentarfilme, die im Fernsehen liefen, in Erinnerung geblieben. Von Anfang an waren dieser Mensch und sein Lebenswerk mit meinem eigenen Leben verknüpft.
Es ist ein Projekt, das viel Zeit bis zur Umsetzung brauchte – aber wo hat es seinen Ursprung?
Alles fängt mit einem meiner Kinder an. Ich habe zu Hause von Cousteau erzählt und stellte fest, dass mein Sohn keine Ahnung hat, von wem ich rede. Er kannte nichts, weder die Filme noch die Calypso oder die roten Mützen der Besatzung! Das war unfassbar, denn für die Menschen meiner Generation war Kapitän Cousteau fast so etwas wie Jesus Christus, einer der bekanntesten Männer der Welt… Ich unterhielt mich mit Leuten aus meinem Umfeld und stellte fest, dass er bei den Leuten unter 20 oder sogar bei denen unter 30 allmählich völlig in Vergessenheit gerät. Also fing ich an zu suchen, was über ihn geschrieben worden war, im Internet oder in Büchern. Ich sah mir noch einmal Dokumentarfilme an, und all das weckte schließlich das Heimweh zu meiner Kindheit. Ich stellte außerdem fest, dass, abgesehen von Wes Andersons Film „Die Tiefseetaucher“, kein Filmprojekt dieses außergewöhnliche Schicksal zum Thema gemacht hat… Ausgehend davon bin ich einfach „dem Faden gefolgt“ und habe bald gespürt, dass es da etwas Geheimnisvolles gibt: Wir wissen nur sehr wenig über Jacques Cousteau. Er hatte genau im Blick, was er preisgab, er filmte sich mit seiner Besatzung, ohne jedoch jemals etwas von seinem Innenleben offenzulegen.
Es gibt dennoch zwei Aspekte in Kapitän Cousteaus Schicksal, die Sie hätten zögern lassen können, einen Film darüber zu machen: seine Familie und das, was der Kapitän hinterlassen hat…
Was den ersten Punkt angeht, ist es richtig, dass Jean-Michel Cousteau noch lebt, ebenso wie Philippes Kinder. Ich habe alle ziemlich früh getroffen und ihnen klar gesagt, was ich gern machen möchte und wie ich es machen würde. Ich habe ihnen auch erläutert, dass es kein Dokumentarfilm, sondern ein richtiger Spielfilm werden würde, ein Kinofilm mit einem gewissen Unterhaltungswert. Die Familie Cousteau und selbst die Menschen, die mit ihm gearbeitet hatten, sollten keine Hagiografie erwarten. Ich sagte ihnen: „Vergessen Sie nicht, dass dieser Film nicht in erster Linie für Sie gedacht ist, sondern für Zuschauer, die wenig über das Thema wissen.“… Bezüglich der ikonenhaften Seite von Cousteau machte ich mir eigentlich keine Sorgen. Das ist nicht das Thema des Films, auch wenn wir natürlich das weltweite Ansehen des Kapitäns und seinen Einfluss auf den Umweltschutz gegen Ende seines Lebens zeigen…
Es stimmt, dass „JACQUES“ in erster Linie einen Menschen porträtiert, mit seinen Zweifeln, seinen Schwächen, seinen Fehlern und Widersprüchen…
Ja, und genau das hat mich im Gespräch mit Menschen, die ihm nie begegnet waren, verblüfft, dieses ungeheuer widersprüchliche Bild. Es gibt die, die ihn verehren und von ihm fasziniert sind, und es gibt die, die ihn nicht ausstehen können, übrigens oft, ohne ihn gut zu kennen. Wieder andere verwechseln ihn mit seinem Bruder Pierre-Antoine Cousteau. Jacques-Yves hatte wegen seiner Mitgliedschaft in der Résistance das Kreuz der Ehrenlegion bekommen, auch wenn er den Krieg im Grunde, ebenso wie Giono, als eine Absurdität betrachtete, die ihn kaum interessierte.
Andere wie Gérard Mordillat stellten ihn infrage und warfen ihm vor, Haie getötet und die Natur anfangs nicht immer respektiert zu haben. Aber das ist auch gerade das Interessante an Cousteau: die Entwicklung seines Verhältnisses zur Natur.
Er hat nie versucht, seine Fehler aus der Vergangenheit zu vertuschen, und das ist ihm hoch anzurechnen. Viele haben ihn gedrängt, „Die schweigende Welt“ neu zu schneiden, zum Beispiel, um schockierende Szenen wie das Massakrieren von Haien zu entfernen. Er lehnte das ab, weil er meinte, der Film müsse als Zeugnis für die vom Menschen in der damaligen Zeit begangenen Fehler, auch seiner eigenen, erhalten bleiben.
Die Dreharbeiten fanden in vielen verschiedenen Ländern statt: in Kroatien, Südafrika, der Antarktis und auf den Bahamas… Wie haben Sie diese Naturkulissen ausgewählt, damit sie zu Cousteaus wahrer Geschichte passen?
Der erste Teil des Films spielt in einem „verlorenen Paradies“, wie ich es nenne, an der unberührten, betonfreien Mittelmeerküste, die es in Frankreich nicht mehr gibt. Die kroatischen Inseln ähneln ein wenig dem Südfrankreich der 40er Jahre… Es ist ein Ort, den ich vorher nicht kannte und der uns herrliche, noch sehr wilde Landschaften bot. In Südafrika hatte ich „Zulu“ gedreht und war auf dieses Schiff gestoßen, das zwar keine genaue Nachbildung der Calypso ist, aber derselbe Typ ist und aus derselben Zeit stammt. Das war schon mal ein guter Grund, dorthin zu gehen, zumal das Land für Regisseure toll ist, weil man dort viele verschiedene Landschaften und sehr fähige Techniker findet. Was die Antarktis angeht – dahin wollte ich unbedingt, zum einen aus künstlerischen Gründen, denn dort findet man weltweit einzigartige Landschaften, und dann aus symbolischen Gründen: Es ist der letzte Kampf von Cousteau, dem es gelang, die mächtigsten Männer der Welt dazu zu bringen, ein Moratorium zu unterzeichnen, das die industrielle Ausbeutung der Ressourcen dieser Weltgegend bis 2048 einfriert…
Genießt man als Regisseur schon allein das visuelle Glück, an solchen Orten zu drehen?
Natürlich, zumal es schon ein unglaubliches Glück ist, diesen Film überhaupt zu drehen! Wir sind am Ende übrigens alle in eine kleine Depression verfallen… JACQUES war im wahrsten Sinne des Wortes ein solches Abenteuer, dass wir alle künstlerisch und menschlich verändert daraus hervorgegangen sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass man noch einmal ein solches Abenteuer erlebt, ist äußerst gering.
Um auf die Antarktis zurückzukommen: Da sind wir zum Ende der Dreharbeiten hingereist. Ich hatte allen Bescheid gesagt: Wir würden zu zwölft fahren, plus ein Arzt und ein Drohnenpilot, und alles unter eher harten Bedingungen. Egal, ob Schauspieler oder Techniker, wir würden jeweils zu zweit in 5 Quadratmeter großen Kabinen wohnen… Und 24 Stunden am Tag aufeinander hocken! Im Vergleich zu dem Komfort bei einem gewöhnlichen Dreh war das doch schon speziell… Aber dieser Teil der Welt ist so wunderschön, er führt uns so sehr zum Wesentlichen zurück, dass sich niemand beklagen kann. Bis auf einen Tag, an dem wir in einen heftigen Sturm mit Windgeschwindigkeiten von 140 km/h geraten sind, war jeder von uns in jeder Minute dieser Reise sehr glücklich…
Es gibt in diesem Film auch unglaublich schöne Bilder, zum Beispiel die Ballette von Haien oder Walen…
Das sind in der Tat absolut einzigartige, verrückte Momente… Ich erinnere mich, wie wir eines Nachts, immer noch in der Antarktis, in eine große Bucht mit dem Namen Paradise Harbor gelangten. Der Wind hatte sich endlich gelegt, und wenn das passiert, erstarrt das Meer aufgrund der extrem niedrigen Temperaturen. Es war ein Uhr früh, und die Sonne, die in diesen Breiten zu der Jahreszeit nicht untergeht, stand knapp über dem Horizont. Das Licht war einfach wunderschön. Unmöglich, mit dem Drehen aufzuhören, selbst nach 16 oder 17 Stunden ohne Pause! Es ist ein einzigartiges Schauspiel von einer unglaublichen Schönheit, eigentlich unbeschreiblich, und das versuchen wir, mit der Kamera einzufangen… Es ist einer der letzten unberührten Orte unseres Planeten, und wir waren nur auf der Durchreise dort – das war sehr beeindruckend. Sie sprachen von den Haien, das ist genauso! Wenn Sie sich einem 4,5 Meter langen Tigerhai gegenübersehen, ist das ein ziemlich verrückter, beeindruckender und bewegender Augenblick!
Sprechen wir über Ihre Schauspieler, zunächst von Kapitän Cousteau alias Lambert Wilson…
Ich fand es wunderbar, mit Lambert zu arbeiten, und es ist übrigens nicht ausgeschlossen, dass wir es schon recht bald wieder tun… Er ist ein Schauspieler, der all das hat, was ich bei vielen Angelsachsen sehr mag: eine Mischung aus Talent, Bescheidenheit und Respekt vor dem Team. Er ist ein Mann mit großer moralischer Eleganz, mit einer wunderbaren Großzügigkeit… Cousteau war ein recht harter Mann, aber Lambert ist so nett (im positiven Sinne des Wortes), dass ich ihn sehr barsche Szenen spielen lassen konnte, ohne dass man seine Filmfigur schrecklich finden konnte! Er strahlt etwas Gütiges aus… Das ist und bleibt eine sehr schöne Begegnung, und ich weiß heute, dass Lambert die ideale Besetzung für Cousteau war.
Der außerdem eine spektakuläre körperliche Leistung erbracht hat, um dem Original ähnlich zu sein…
Ich habe ihn während der Dreharbeiten ständig leiden sehen: Nichts essen, nichts oder fast nichts trinken, eine extrem strenge Diät einhalten und am Ende nur noch Haut und Knochen sein… Lambert hatte ständig Hunger, aber das ist der Preis dafür, dass er Cousteau geworden ist. Ich füge hinzu, dass er am Anfang ganz und gar nicht die Gestalt seiner Vorlage hatte. Die Illusion entsteht nur dadurch, dass er so dünn ist, dass sein Körper so trocken wirkt…
Es gibt eine Figur im Film, die eine echte Entdeckung für das breite Publikum sein wird, und zwar Simone, Jacques-Yves Cousteaus erste Frau, die eigentliche Seele der Calypso. Audrey Tautou hat sie großartig gespielt…
Simone ist eine ganz zentrale Figur in der Geschichte. Ich glaube, Audrey, die eine großartige und intelligente Schauspielerin ist, hat das sofort verstanden. Sie hat mir auch bei unserem ersten Treffen gesagt, dass sie sich Simone sehr nah fühle. Und es stimmt, ich glaube, sie haben wirklich Gemeinsamkeiten. Erstens sind sie beide sehr französisch, mit einer gewissen geistigen Unabhängigkeit, ein bisschen rebellisch, manchmal mit einer großen Klappe, aber im Kern sehr schamhaft. Eine weitere Gemeinsamkeit ist ihre Fähigkeit, ihren Platz in einer sehr männlichen Umgebung zu finden. Es gab in unserem Team nur wenige Frauen, und Audrey hat sich perfekt integriert und ihren Platz an Tischrunden mit zehn Männern gefunden!
Und schließlich muss man wissen, dass Audrey, wie auch Simone, das Meer sehr liebt, sie ist eine echte Seefahrerin. Ich habe sie während des Sturms in der Antarktis gesehen: Der Wind blies mit 80 Knoten, und sie zuckte mit keiner Wimper, war ruhig und heiter. Ich hatte immer das Gefühl, dass es für sie ganz natürlich war, Simone zu spielen. Man muss auch sagen, dass mich Audrey mit ihrer Technik beeindruckt hat und auch mit der Emotion, die sie rüberbringen kann. Es gelang ihr, die Dinge noch nach mehreren Takes exakt zu wiederholen, sie setzte sie um und beherrschte sie, ohne dass man jemals die Technik spürte…
Kommen wir zu den beiden Söhnen von Cousteau und dabei zunächst zu Pierre Niney, der die Rolle des Philippe spielt, eine wichtige, zum Ende der Geschichte sogar entscheidende Rolle…
Ich hatte Philippe getroffen, bevor der Film „Yves Saint Laurent“ anlief und nachdem ich ihn in „Just Like Brothers“ von Hugo Gélin gesehen hatte. Ich hatte ihm die Rolle des Philippe angeboten, die damals noch nicht so wichtig war, und er hatte zugesagt… Das heißt, Pierre war von Anfang an für das Projekt eingeplant – damals waren noch Adrien Brody und später Romain Duris vorgesehen, um Kapitän Cousteau zu spielen. Trotz aller Schwierigkeiten blieb er dem Projekt immer treu! Als wir für die letzte Etappe der Dreharbeiten wieder zusammenkamen und uns auf der Brücke des Schiffes, das gerade ablegte, um uns in die Antarktis zu bringen, wiedersahen, fielen wir uns in die Arme. Wir hatten so lange von der „Odyssee“ gesprochen, von dieser Reise in die Antarktis, die den Film abschließen sollte, und endlich war es soweit, wir hatten es geschafft!
Pierre ist ein großartiger Schauspieler, der eine große Stärke hat: einen echten Sinn fürs Erzählen, also für das, was die Amerikaner „Storytelling“ nennen. Ich denke, das wird er nutzen können, wenn er einmal als Regisseur Spielfilme macht, was früher oder später unweigerlich geschehen wird… Es ist eine Gabe, die er schon jetzt als Schauspieler hat. Er kann sofort erfassen, auf welche Momente oder Repliken er sich in einer Szene stützen muss, damit der Zuschauer den Erzählstrang oder eine Gefühlsregung, die seine Filmfigur in diesem Moment empfindet, besser verstehen kann. Diese Fähigkeit, diese Reife hat er. Trotz seines Alters. Auch wenn er – während wir ihn dauernd als jungen Mann bezeichnen, inzwischen immerhin schon 27 ist!
Jetzt ist Ihre lange, vor so vielen Jahren begonnene Reise mit Kapitän Cousteau zu Ende. Wie betrachten Sie Ihre „Odyssee“ heute?
Was mich am meisten freut, ist die Feststellung, dass der Film anscheinend alle, die ihn bisher sehen konnten, genauso berührt, wie mich diese Geschichte berührt hat. Ich erinnere mich noch an den Augenblick, in dem ich die letzte Fassung des Drehbuchs, das ich in einem Rutsch in drei Wochen geschrieben hatte, fertigstellte. Ich hatte Stunden um Stunden gearbeitet und fing an zu weinen… In diesem Zustand schrieb ich die letzten Seiten.
Ich hoffe, dass die Zuschauer diese Emotion auch fühlen können, denn „JACQUES“ ist ein Film, der von sehr einfachen, aber für die meisten unter uns wichtigen Dingen handelt, zum Beispiel von unserem Verhältnis zur Natur, die uns umgibt, oder von komplizierten Verhältnissen innerhalb der Familie, die das Leben manchmal kaputtmacht. Ich möchte dazusagen, dass das ein Abenteuer ist, das mich als Mensch verändert hat. Früher hatte ich zwar ein Umweltbewusstsein, aber es wurde noch einmal deutlich gestärkt. Die biologische Vielfalt, die Klimaerwärmung… Das sind ganz wesentliche Themen für die kommenden Jahre. Wir reden viel darüber, aber wir tun sehr wenig, viel zu wenig. Und schließlich waren die Dreharbeiten so schwierig, dass sie mir für alles Weitere eine unglaubliche Kraft gegeben haben! Das ist wahrscheinlich Cousteaus Anteil, der auf uns abgefärbt hat: Er hatte diese wahnsinnige Fähigkeit, Dinge möglich zu machen, die der Rest der Welt für unmöglich hielt… Tja, und ich glaube, mit der Realisierung dieses Films sind wir seinem Beispiel gefolgt.
Interview mit Lambert Wilson (Jacques)
Welche Erinnerung hatten Sie an Kapitän Cousteau und sein Leben, bevor Ihnen das Filmprojekt über diesen Mann angetragen wurde?
Seine Geschichte führte mich in meine Kindheit zurück. Mir war alles vertraut, so, vertraut vielleicht wie de Gaulle, Catherine Langeais oder Léon Zitrone! Ikonen des französischen Fernsehens, die wir uns mit der Familie in religiöser Andacht ansahen. Nicht bei meinen Eltern, aber bei meinen Großeltern, mein Vater stand auf der Bühne, wir sahen nicht miteinander fern… Cousteau war eine sehr präsente Figur, übrigens ebenso wie seine Besatzungskollegen Philippe oder Bébert. Es gab damals nur wenige Sender, daher wurde das, was im Fernsehen lief, bei allen ganz selbstverständlich zum Gesprächsthema. Außerdem waren die Abenteuer des Kapitäns Cousteau, eingebettet in die heroische Musik der Dokumentarfilme, und die unglaublichen Bilder, die in ihnen gezeigt wurden, ein Traum für jeden Knirps in meinem Alter. Ich muss dazusagen, dass es, auch wenn zum Beispiel Haie zu sehen waren, nie richtig gefährlich wirkte, sondern im Gegenteil eher lustig und aufregend, fast wie Ferien! Meine ganze Generation war davon begeistert. Ich habe vor Kurzem in Italien Fischer getroffen, die mir erzählt haben, dass sie als Kinder, in der Gegend von Portofino bei Genua, Cousteau und Falco gespielt haben, genau wie ich… Als ich ihnen sagte, dass ich in dem Film „JACQUES“ mitspiele, war das für sie eine richtig große Sache…
Es ist auch ein Mann, der seinen Traum mit Simone, seiner ersten Frau, aufgebaut hat…
Ja, mit ihr und gleichzeitig ohne sie, und das ist eins der Paradoxe, die die Sache interessant machen. Diese egoistische Entscheidung für eine bestimmte Freiheit wurde von beiden getroffen. Was man auch darüber sagen oder hören mag, Simone und Jacques-Yves waren ein Paar, und sie haben sich für dieses unglaubliche Leben entschieden, dafür, die Welt zu durchqueren. Das sagt sehr viel aus. Anfangs muten sie ihren Kindern dieses Leben zu, die machen mit, so gut sie können, lernen erst mit 8 Jahren lesen und wachsen wie kleine Wilde auf. Als die Eltern weiter weg wollen, werden die Jungs im Internat untergebracht…
Simone hat dieses Leben als Außenseiterin gewählt und ist später sogar allein mit der Besatzung an Bord der Calypso geblieben. Ich hatte noch nie auf einem Schiff das Meer überquert, sondern war meistens in der Nähe der Küste geblieben. Aber für den Film sind wir in die Antarktis gefahren, und zwar durch die Drakestraße, eines der gefährlichsten Meeresgebiete der Welt. Und da habe ich es verstanden! Diese Erregung angesichts des offenen Meeres, ohne irgendwo auch nur ein Zipfelchen Land zu sehen, diese absolute Freiheit, die habe ich in meinem Blut gespürt…
Cousteaus Taucher, zum Beispiel François Sarano, haben uns erzählt, dass das Schiff einmal am Ende einer Expedition mitten in einem Sturm in Neuseeland vor Anker gegangen ist. Kaum hatten sie Kerosin und Lebensmittel an Bord genommen, stach die Calypso wieder in See, mitten hinein in den wütenden Sturm! Weder Simone noch Jacques-Yves wollten im Hafen bleiben. Ich glaube, sie waren ein Paar, das im Grunde genommen der restlichen Menschheit aus dem Weg ging, auch wenn er einen Teil seines Lebens damit verbrachte, in den Vereinigten Staaten Geld aufzutreiben, um diese Flucht zu finanzieren.
Reden wir darüber, wie Sie sich körperlich verändert haben, um sich eine Figur zuzulegen, die der seinen, also der eines Tauchers entspricht…
Das ist für mich gewissermaßen ein Reinfall. Ich glaube, dass ein amerikanischer Schauspieler (Michael Fassbender oder Matthew McConaughey) die Sache wahrscheinlich noch etwas weiter getrieben hätte! Das Schwierige bei Cousteau war, dass ich sehr dünn sein musste und gleichzeitig körperlich anspruchsvolle Dinge zu tun hatte, zum Beispiel tauchen. Das Problem ist, dass man schwächer wird, wenn man ein bestimmtes Gewicht unterschreitet. Ich musste mit sehr schweren Sauerstoffflaschen unter Wasser gehen und 14 Stunden lange Drehtage durchstehen. Ich musste also noch genügend Energie haben. Ich habe ziemlich schnell 10 Kilo verloren und während des Films nicht mehr zugenommen. Übrigens hat Jérôme permanent meinen Teller überwacht, weil er fand, ich sei zu kräftig! Ich mache regelmäßig Krafttraining, und mein Körper sollte der eines Tauchers sein, eher schlank als muskulös…
Wie würden Sie den Film beschreiben?
Wir müssen jetzt einen der interessantesten Punkte des Films ansprechen: „JACQUES“ ist in keinster Weise eine Hagiografie über Kapitän Cousteau. Der Film zeigt, dass die Erdölindustrie seine ersten Arbeiten finanziert hat, dass er sich auf Kompromisse mit den amerikanischen Fernsehsendern eingelassen hat, damit diese seine Filme produzieren, dass sich sein Verhältnis zu den Wildtieren immer mal wieder änderte und sein eigentliches Umweltbewusstsein erst spät erwachte. Das wird das Publikum vielleicht überraschen, weil es ein ganz anderes Bild von Cousteau hat…
Man kann diesen Mann auf zweierlei Weise betrachten. Zum einen bewundernd, aber oberflächlich, wie einen Abbé Pierre, also wie Menschen, die man gerne mag, aber nicht wirklich kennt. Die zweite Art überrascht und nervt mich! Bei einer gewissen Anzahl von Menschen, die besser informiert, pariserischer, intellektueller sind, gibt es so etwas wie das Verlangen, den Kapitän oder eher den Kommandeur vom Sockel zu stoßen! Man möchte Cousteau zum Beispiel unbedingt mit dem nachgewiesenen Antisemitismus seines Bruders Pierre-Antoine in Verbindung bringen, der in der Tat ganz fürchterliche Texte geschrieben hat. Das ist eine absolute Unkultur! Sie reden von Ökologie, aber er selbst hat seine Schuld eingestanden und ist sehr weit in die andere Richtung gegangen, um ein Moratorium durchzusetzen, das die Antarktis für die nächsten 50 Jahre schützt. Er war einer der Ersten, die eine Alarmglocke geläutet haben, deren Läuten heute noch alle halbwegs vernünftigen Menschen hören. Als er „Die schweigende Welt“ drehte, ahnte er nicht, wie bedroht das Meer bereits war. Seine Gefährdung setzte eigentlich schon mit Beginn der industriellen Revolution ein…
Aber seit Anfang der 60er Jahre ist Cousteau derjenige, der bei den Wissenschaftlern, die am Ozeanographischen Institut von Monaco arbeiteten, erreichte, dass keine radioaktiven Abfälle auf dem Grund des Meeres entsorgt werden. Er ist ein wahrer Held der Menschheit, dessen Botschaft kaum gehört wurde. Alles, was die Umweltverbände über Industrialisierung, Überfischung oder Klimaerwärmung sagen, hat Cousteau bereits vorhergesagt. Ihn jetzt wegen seines mangelnden Umweltbewusstseins an den Pranger zu stellen, ist also dumm und unbegründet, und bei der Vermarktung dieses Films über ihn zu sprechen, ist für mich die Gelegenheit, seine Botschaft wieder in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen. Aber Vorsicht, das heißt nicht, dass Jacques-Yves Cousteau im Film von ganz unterschiedlichen Seiten gezeigt wird.
Eigentlich menschlich?
Ja, absolut. Seine Fehler sind wirklich schwerwiegend… Im privaten Bereich (aber wer sind wir eigentlich, dass wir uns als Moralapostel aufspielen?) führte er das Leben eines Verführers, der, das ist wahr, im Laufe seiner Reisen viele Frauen kennengelernt hat. Das, wofür ich weniger Entschuldigungen finde, ist die Sache mit seinen Kindern…
Ich bin in seiner Geschichte auf etwas gestoßen, was ich von meinem Vater kannte. Sie waren Männer, die einen an der Begeisterung und dem Wert ihrer Arbeit teilhaben lassen konnten, einen aber gleichzeitig vernachlässigten, weil sie fast nie da waren und es nicht duldeten, dass man ihr Territorium betrat und zu einem Rivalen wurde… Cousteau hegt für Philippe eine Art leidenschaftlicher Vaterliebe, die sich allerdings in einer großen Strenge ausdrückt. Er liebt ihn, will ihn aber auch für sein Talent bestrafen. Manche Szenen waren in dieser Hinsicht ziemlich verstörend für mich. Ich denke an die, in der Vater und Sohn sich in einem Restaurant in Los Angeles treffen. Ich hörte in Philippes Stimme die Vorwürfe, die auch ich meinem Vater hätte machen können. Aber jetzt verkörperte ich das, wogegen ich früher rebelliert hatte!
Was Cousteaus Opportunismus in finanziellen Angelegenheiten angeht, muss ich zugeben, dass ich ihn verstehen kann. Er brauchte sehr viel Geld, um diesen Traum zu leben, der unheimlich vielen Menschen auf der Welt zugutekam. Er hatte sehr schnell verstanden, dass er das wichtigste und sichtbarste Rädchen in einem medialen Abenteuer war. Diese Saga brauchte einen Helden, und er stellte sich in den Mittelpunkt. Wahrscheinlich wirklich aus einem Narzissmus heraus, aber auch weil er wusste, dass es einen Fixpunkt geben musste, damit die Saga bestehen konnte. Als er in die Vereinigten Staaten ging, um mit den Fernsehsendern über Millionenbeträge zu verhandeln, tat er das, weil ihm die Erdölindustrie den Geldhahn zugedreht hatte. Ich finde das eigentlich schön, denn damit nimmt ein anderes Abenteuer seinen Anfang und führt ihn mit der Zeit in seinen eigentlichen Beruf: Bevor er ein auf den Meeresboden spezialisierter Forscher war, war Cousteau Filmemacher. Von diesem Moment an konzentriert er sich auf das Bild, baut Kameras zusammen, erfindet Dinge. Louis Malle persönlich hat gesagt, dass er durch die Arbeit mit ihm sehr viel gelernt hat…
Da Sie gerade einen Regisseur erwähnen, will ich gleich auf Ihren zu sprechen kommen: Jérôme Salle. Wie würden sie über ihn als Mensch und als Regisseur sprechen?
Jérôme ist ein echtes Chamäleon, und das hat er seiner Intelligenz zu verdanken! Er ist ein Mann mit Ideen, ein Intellektueller, mit dem man stundenlang über Philosophie diskutieren und eine Filmfigur theoretisch besprechen kann. Aber er ist auch ein Mann der Tat, der Entscheidung, ein Teamführer. Es ist wirklich erstaunlich! Der Jérôme, den ich anfangs bei einem Tee traf, um über das Projekt zu sprechen, war sehr feinsinnig. Als wir mit dem Tauchtraining anfingen, entdeckte ich seinen Sinn für den Wettkampf, da ist er sehr männlich, immer zu einer sportlichen Großtat bereit! Während der Dreharbeiten war er immer der Erste, der seinen Tauchanzug anziehen wollte, auch wenn er eigentlich gar nicht unbedingt tauchen musste! Er ist außerdem Regisseur, und es gibt nur wenige, die sehr intime, psychologische Szenen zwischen zwei Figuren drehen, aber auch große Dinge mit Flugzeugen oder Leuten unter Wasser inmitten von Haien anpacken können! Das bringt ihn kein bisschen aus der Ruhe, im Gegenteil, so etwas reizt ihn. Als wir mit Pierre Niney auf dem Packeis waren, sollten wir einen sehr subtilen, emotionalen Moment zwischen Vater und Sohn spielen – und das auf einem Stück Eis, auf dem wir uns nicht bewegen durften, um keine Spuren zu hinterlassen. Jérôme hat das alles mit einer Drohne gefilmt, und da war er ein echter Kapitän. Wenn ich ihm heute Nachrichten schicke, nenne ich ihn immer noch „Chef“! Er ist der Einzige, bei dem ich das je gemacht habe.
Sie haben es immer wieder unterstrichen: Das Schiff, auf dem Sie gedreht haben, ist ein wichtiger Bestandteil von „JACQUES“. Wenn man sich an Bord dieses fast perfekten Nachbaus der Calypso befindet und fürs Kino zu Cousteau geworden ist, verspürt man da so etwas wie ein Schwindelgefühl?
Ja, absolut: Als ich das erste Mal den Fuß auf das Deck des Schiffs setzte, war das der Wahnsinn! Ich hatte so lange von diesem Schiff geträumt, hatte so viel gelesen, so viele Filme darüber gesehen, dass es wirklich ein unglaubliches Gefühl war. Ich weiß noch, wie ich im Hafen von Kapstadt ankam und es erblickte: Ich konnte es nicht fassen! Alles wird einzigartig, zum Beispiel, wenn Sie die Kommandobrücke betreten… Wissen Sie, „JACQUES“ ist nicht irgendein Film: Wir sind dieser Geschichte, dieser Familie, diesem Abenteuer sehr nahe gekommen. Wir haben natürlich Rollen gespielt, aber wir kannten sie oder waren Menschen begegnet, die sie gekannt haben. Für mich hat dieser gesamte Prozess einen Höhepunkt. Am Ende des Films beweine ich den Tod meines Sohns Philippe zusammen mit meinem anderen Sohn Jean-Michel, während wir auf einer Bank sitzen und aufs Meer blicken. Ganz ehrlich, in diesem Moment habe ich wirklich um Philippe geweint, und das nicht, indem ich an mir nahestehende Menschen gedacht habe, wie es Schauspieler machen, wenn sie im Film weinen müssen… Diese Geschichte war zu meiner eigenen geworden. Meine Trauer war Cousteaus Trauer um seinen Sohn. Das war mir vorher noch nie passiert…
Bedeutet das, dass dieser Film in Ihrer Laufbahn ein ganz besonderer Moment bleiben wird, obwohl Sie in den letzten 40 Jahren schon mit sehr großen Regisseuren gedreht haben?
Ja, schon allein deshalb, weil es selten vorkommt, dass man das Angebot bekommt, eine Figur über eine so lange Zeitspanne ihres Lebens zu spielen, von 37 bis 70. In dieser Hinsicht war die gesamte Arbeit mit dem Maskenbildner Rick Findlater ganz außergewöhnlich. Für mich ist mit „JACQUES“ ein Wunsch in Erfüllung gegangen. Es ist die Art von Film, von der ich träumte, als ich das Kino entdeckt habe: breit, episch… Ich liebte es, mir die Filme von David Lean oder „Jenseits von Afrika“ anzusehen, in denen ich zugleich intime Dramen und dann plötzlich einen wahnsinnigen Elan fand. Natürlich haben mir die Autorenfilme, die ich gedreht habe, großen Spaß gemacht, aber das, was Jérôme mir anbot, kann man nicht ablehnen, weil es in Frankreich sehr selten ist. Außerdem bin ich überzeugt, dass es neben der Selbstverwirklichung die Begegnungen sind, die den Reichtum in unserem Leben ausmachen. In diesem Sinne bin ich auf besondere Weise verwöhnt worden!
Interview mit Pierre Niney (Philippe)
Was war Ihre erste Reaktion, als Sie, mit viel Vorlauf, das Angebot von Jérôme Salle bekamen?
Ich empfand es als Glücksfall, einen in seinem Anspruch so seltenen Film lesen zu dürfen. Einen großen, poetischen Film über eine außergewöhnliche Familie, der auch noch ein Bewusstsein für die Schönheit und Verletzlichkeit unseres Planeten vermittelt.
Die Rolle von Philippe Cousteau steht wirklich im Zentrum der Geschichte von „JACQUES“. Was wussten Sie über ihn, bevor Sie anfingen, sich die Figur zu erarbeiten?
Dass er der Sohn von Kapitän Cousteau war… Das war in etwa alles. Ich musste alles erst entdecken!
Philippe ist eine weniger bekannte Figur. Dabei haben er und sein Vater gemeinsam eine große Zahl von Dokumentarfilmen gemacht. Und Philippe spielte eine maßgebliche Rolle innerhalb der Besatzung und in Cousteaus Abenteuer. Aber Jacques-Yves Cousteau war ein Alphatier, ein Pionier und ein „Monster“, was sein Charisma und seine Energie anging, sodass Philippe, der zudem auch noch früh starb, mit der Zeit natürlich immer mehr verblasste. Ich glaube, das ist auch das Thema des Films und das Spannende daran.
Wie haben Sie sich über ihn informiert? War es Ihnen zum Beispiel wichtig, seine Frau Jan oder die Kinder der beiden zu treffen?
Ich habe sehr viel recherchiert. Natürlich indem ich mir seine Filme angesehen habe – die, in denen er selbst zu sehen ist, und die, bei denen er Regie geführt hat. Aber auch durch Fotos, Interviews und die Berichte der ehemaligen Besatzungsmitglieder der Calypso, die wir treffen konnten. Diese Männer, die Philippes Kollegen gewesen waren, hatten auch seine Sorglosigkeit gegenüber der Gefahr miterlebt. Sie erzählten mir, welche wahnsinnigen Risiken Philippe einging, um ein Bild zu bekommen. Diese „draufgängerische“ Seite an Philippe war ein wichtiges Element, das berücksichtigt werden musste. Ich glaube, daran kann man seinen Wunsch ablesen, den Vater zu übertreffen.
Aber das Wertvollste waren die Briefe. Ein sehr privilegierter Zugang zu Philippes Innenleben.
Diesen Zugang habe ich meiner Begegnung mit Jan, seiner Frau, zu verdanken. Jérôme hat den Kontakt hergestellt, und wir haben uns ein paar Monate vor Drehbeginn in Los Angeles getroffen. Sie war so freundlich, mir sehr viel über ihre Beziehung zu Philippe und den Charakter dieses Mannes zu erzählen. Sie war eine sehr große Hilfe bei der Vorbereitung der Rolle, indem sie für Jérôme und mich die Archive öffnete und uns ausführlich über Philippes Leben informierte. Besonders die Briefe waren für mich wie ein Schlüssel. Für das Verständnis des Menschen, aber auch der sehr starken und einzigartigen Liebesgeschichte, die die beiden erlebten. Briefe, abgeschickt vom Ende der Welt von zwei Liebenden, die sich über ihr Leben, ihre Vorhaben, ihre Familie und den Zustand der Welt austauschen… Was könnte inspirierender sein?
Philippe bringt als Figur eine menschliche Dimension in den Film, die sich perfekt zu dem Abenteuergeist gesellt, der den Film bestimmt. War das für Sie die größte Herausforderung bei dem Projekt?
Philippe war zu großer Liebe fähig – die erlebte er mit Jan – und zu großer Bewunderung – diese brachte er seinem Vater entgegen. Aber er war auch jemand, der ziemlich einsam war.
Er war der Natur und den Tieren sehr verbunden. Jan sagte mir, er habe sehr oft die Gesellschaft von Vögeln der der Menschen vorgezogen. Sein Umweltbewusstsein rührt aus dieser Betrachtung der Natur, der Landschaften und des Meeres…
Die Tatsache, dass er dieses für die damalige Zeit völlig neue Bewusstsein an seinen Vater weitergibt, war ein entscheidender Faktor für meinen Wunsch, Philippe zu spielen. Ich glaube heute, dass es ganz entscheidend ist zu sagen, wie wichtig es ist, unsere Welt sorgsam zu behandeln und diese Selbstverständlichkeit eindringlich zu wiederholen.
Kam es vor, dass Sie die Wunder, die Sie vor Augen hatten, einfach nur als Betrachter sahen?
Wir haben fast täglich ein unglaubliches Schauspiel miterlebt. Manchmal ist es unmöglich, nicht einfach nur Zeuge solcher Momente zu sein. Ein Wal, der wenige Meter vom Schiff entfernt aus dem Wasser springt, eine Delphinschule, die neugierig unsere Dreharbeiten beäugt, ein Eisberg, der mitten in der Antarktis in sich zusammenstürzt, ein Tauchgang mit Haien, die wenige Zentimeter von dir entfernt fressen… Ich habe dank dieses Films einige der schönsten Dinge meines Lebens gesehen.
„JACQUES“ ist ein für den französischen Film ungewöhnlich großes Projekt. Was für eine Art von Regisseur war Jérôme Salle, um es zu einem guten Ende zu führen?
Jérôme hatte dieses Projekt schon sehr lange im Kopf. Es ist eine Geschichte, die ihm sehr am Herzen liegt und eine Familie, die er sehr gut kennt. Zudem hat Jérôme eine sehr genaue Vorstellung von dem, was er technisch und künstlerisch machen will. Trotz der Konzentration, die erforderlich ist, um so einen ehrgeizigen Film umzusetzen, spürte man immer seine aufrichtige Freude daran, am Set zu sein. Die ansteckende Begeisterung, mit der er dieses Familienepos erzählte, gab uns allen Antrieb.
Es stand zum Beispiel lange im Raum, dass viele Dinge im Studio gedreht werden sollten, insbesondere die Reise in die Antarktis, die extreme technische Schwierigkeiten mit sich brachte. Doch dann rief Jérôme mich eines Tages auf dem Handy an und sagte: „Pierre, es wird sehr kompliziert, aber wir fahren dahin…“ Dann setzte er mir auseinander, dass es ihm unmöglich sei, diese Abenteurergeschichte zu erzählen und dabei in einem Filmstudio zu festzusitzen. Man musste den Film auf eine authentischere Art unterfüttern, näher an unserem Thema sein. Und dann sind wir losgefahren! Heute kann ich sagen, dass diese Reise, aber auch der Umstand, dass wir wirklich mit Haien getaucht sind und in Naturkulissen gedreht haben, uns ungeheuer inspiriert und wirklich für das Projekt begeistert haben.
Jérôme beherrscht es perfekt, Atmosphären zu schaffen, wunderschöne Bilder herzustellen und einzufangen und dabei die Schauspieler sehr wohlwollend anzuleiten.
Wenn ich Sie auffordern würde, nur ein einziges Bild, einen Moment aus diesem Abenteuer aufzubewahren, welches wäre es?
Unser letzter Drehtag in der Antarktis. Nachdem wir die letzte Einstellung gedreht hatten, brachen wir von der Insel Deception Island auf und ließen einen von Vulkanrauch verhangenen Strand zurück. Ein unwirkliches Bild und eine greifbare Emotion für die kleine Besatzung auf der Zodiac. Das Ende eines monatelangen Drehs und wahrscheinlich das letzte Mal, dass wir dieses wunderschöne Schauspiel sahen.
Interview mit Audrey Tautou (Simone)
Die echte Entdeckung in diesem Film ist, selbst für diejenigen, die Cousteaus Universum ein wenig kennen, Ihre Filmfigur, Simone …
Absolut, und als ich mich auf den Film vorbereitete, war ich mir im Klaren darüber, dass sogar einige unter den echten Cousteau-Fans praktisch nichts über diese Frau wissen würden, die aber 40 Jahre oder etwas weniger der eigentliche Kapitän der Calypso war.
Wie nähert man sich einer solchen Figur an?
Ich muss sagen, dass auch ich sie nicht kannte und erst beim Durchforsten von Archiven entdeckt habe. Es gibt verhältnismäßig wenig… Ich habe zum Beispiel ein einziges Interview für die Fernsehsendung „Le grand échiquier“ gefunden. Simone Cousteau war äußerst geizig mit ihren Auftritten in den Medien: Sie wollte nicht gefilmt werden. Dafür gibt es ziemlich viele Fotos und ein Buch, dessen ich mich bedient habe. Es ist eine sehr umfassende Biografie, aus der ich sehr viele Informationen schöpfen konnte. Ich konnte auch auf die Berichte zweier Begleiter von der Calypso zurückgreifen, zweier Männer, die all die Jahre mit den Cousteaus gearbeitet hatten, François Sarano, Taucher und Doktor der Ozeanografie, und Roberto Rinaldi, Unterwasser-Kameramann. Zwei tolle Menschen, die uns unglaubliche Anekdoten erzählt haben… Wenn man ihnen zuhört, spürt man die Verbundenheit, die sie gegenüber Simone empfunden haben, und wie sehr sich diese Frau auf die Besatzung verlassen hat.
Nachdem Sie nun für den Film „JACQUES“ zu Simone Cousteau geworden sind und sie besser kennen, wie würden Sie heute über sie sprechen?
Ich würde sagen, dass sie keine konventionelle Frau war. Simone wollte ein unabhängiges Leben fernab von den Stereotypen der damaligen Zeit! Sie war eine echte Abenteurerin und eine echte Seefahrerin… Ich glaube, sie ist die am weitesten gereiste Frau der Welt: Sie hat 40 Jahre auf einem Schiff verbracht. Ich finde ihren Lebensweg unglaublich, völlig untypisch. Ich weiß (weil ich es herausgefunden habe und weil man mir davon erzählt hat), dass Simone auch sehr willensstark, sehr spottlustig war, was mich im Übrigen mit ihr verbindet! Sie war auch Cousteaus Auge auf dem Schiff, wenn er nicht an Bord war, weil er um den Globus reiste, um seine Filme zu vermarkten oder Geld aufzutreiben, damit er das Abenteuer fortsetzen konnte…
Und man weiß, dass Jacques-Yves Cousteau während seiner Abwesenheit nicht wenige Liebesabenteuer mit anderen Frauen hatte. Wie erklären Sie es, dass Simone, obwohl sie Bescheid wusste, trotz allem bei ihm blieb?
Ich glaube, ihr Leben war an Bord der Calypso… Sie hat sogar einen Brief geschrieben, der direkt an das Schiff gerichtet ist, in dem sie sagt, dass sie an dem Tag, an dem das Schiff nicht mehr fahren würde, zwar weiterleben, aber innerlich wie tot sein würde… Ich glaube auch, dass Simone Cousteau wirklich geliebt hat und ihn weiter liebte, obwohl sie spürte, dass er ein Doppelleben führte. Aber das Leben, das sie an Bord mit ihren Matrosen (ihren „Kerlen“, wie sie sie nannte) führte, ließ sie alles andere ertragen, insbesondere die Abwesenheit und die Untreue ihres Mannes. Was sie nicht daran hinderte, enorm darunter zu leiden…
Simone Cousteau war auch Mutter, und man sieht im Film, dass die beiden Cousteau-Söhne am Anfang etwas nachlässig behandelt werden: mit ihren Eltern auf dem Schiff unterwegs durch die ganze Welt und dann schnell in ein Internat verfrachtet.
Damit knüpfte Simone wahrscheinlich an ihr eigenes Verhältnis zu ihren Eltern an, die sich nicht besonders um sie gekümmert hatten. Sie schickten sie zum Beispiel nach Japan ins Internat, wo sie einen Teil ihrer Kindheit verbrachte. Sie konnte sich daher auf kein sehr solides Mutterbild stützen, zumal ihre Mutter eine sehr extravagante Frau war, was Simone nie werden wollte, weil sie es zu oberflächlich fand… Ihr Verhältnis zu ihren beiden Söhnen Philippe und Jean-Michel war ziemlich anders, aber ich würde sagen, auch unbeholfen, und letzten Endes war es dem, was sie selbst erlebt hatte, doch recht ähnlich. Sie entsprach nicht den modernen Vorstellungen, die verlangen, dass eine Mutter hingebungsvoll ist und für ihre Kinder lebt…
Sie ist eine starke, durchsetzungsfähige Frau, genau der Typ Rolle, die man Ihnen oft anbietet: Ich denke an Amélie Poulain, an Coco Chanel oder sogar an die Mathilde in „Mathilde – eine große Liebe“…
All diese Frauen haben etwas gemeinsam: Sie wollen dem ihnen vorbestimmten Weg nicht folgen. Sie sind unabhängig und wollen sich ein Leben, ein Schicksal aufbauen, das ihnen entspricht. Ich kann mich nicht erinnern, unterwürfige oder schwache Frauen gespielt zu haben. Das hat man mir übrigens auch nie angeboten.
Jérôme Salle hat für die Rolle der Simone Cousteau schnell an Sie gedacht. Wie verlief Ihre Zusammenarbeit während der manchmal sehr langen Drehs für „JACQUES“?
Wunderbar. Um eine solche Expedition durchzuführen, brauchte es einen echten Kapitän, und Jérôme hat das Zeug dazu! Wir haben uns ganz am Anfang des Projekts getroffen. Er erzählte mir von Simone, brachte mir die Figur näher und erklärte mir, was er mit seinem Film erzählen wollte. Jérôme ist sehr sensibel für menschliche Beziehungen, aber er hat auch die Willensstärke, ein Projekt wie dieses anzupacken. Wir haben fast den ganzen Film draußen gedreht, unter teilweise wirklich schwierigen Bedingungen. Trotz der Schwierigkeiten hat er nie etwas ausgelassen oder den Mut verloren.
Von Kroatien in die Antarktis, über Südafrika und die Bahamas – wie blicken Sie auf diesen Film, der sicherlich auch ein unglaublicher Lebensabschnitt ist?
„JACQUES“ war ein Traum für mich. Von Anfang an habe ich Jérôme gesagt, ich würde den Film unter der nicht verhandelbaren Bedingung machen, dass ich auf die Reise in die Antarktis dabei sein dürfe! Da wollte ich schon immer hin, und es kam nicht infrage, dass ich mir das entgehen ließ…
Der ganze Film war eine einzige, riesengroße Reise: So viele Tage mitten auf dem Ozean zu verbringen, ist genau mein Ding. Noch einmal, das ist eins der Dinge, die ich mit Simone gemeinsam habe: Am besten fühle ich mich auf einem Schiff, das ist schon seit meiner Kindheit so! Ich hatte einen Grundschullehrer, der mich mit dem Segeln vertraut machte, und ich fand das von Anfang an herrlich. Es ist eine Leidenschaft, die mich seither nie mehr losgelassen hat, auch wenn ich nicht so oft die Gelegenheit habe, das auszuleben, wie ich es gern hätte… Zur See zu fahren ist für mich etwas ganz Natürliches.