Plasmide steuern Biofilm-Bildung im Ozean

Biofilm Phaeobacter inhibens
Biofilm Phaeobacter inhibens. Foto: © Leibniz-Institut DSMZ

Mikroorganismen mit Bodenhaftung – Plasmide steuern Biofilm-Bildung im Ozean

Bakterien der Roseobacter-Gruppe gehören aufgrund ihrer vielfältigen Stoffwechseleigenschaften zu den häufigsten Mikroorganismen nährstoffreicher Küstengewässer. Zusammen mit anderen Bakterien bilden sie hochkomplexe Biofilme, die auch als „Städte der Mikroben“ bezeichnet werden; man findet sie aber auch frei schwimmend im Ozean.

Ein flexibler Wechsel zwischen mobilem und festsitzendem Lebensstil ist typisch für viele Vertreter dieser Meeresbakterien. Entscheidende Voraussetzung dafür ist eine aktive Bewegung durch Flagellen und die reversible Anheftung an Oberflächen.

Nachweis von Roseobacter-Bakterien außerhalb des Chromosoms

Jörn Petersen, Mikrobiologe am Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig konnte nun zusammen mit Kollegen nachweisen, dass die für die Biofilm-Bildung entscheidenden Gene der Roseobacter-Bakterien in der Regel außerhalb des Chromosoms auf einem einzelnen Plasmid liegen.

Petersen und seine Kollegen haben dafür 33 Stämme der Roseobacter-Gruppe physiologisch und genetisch untersucht. Sie konnten zunächst zeigen, dass alle starken Biofilm-Bildner auch beweglich sind. Darüber hinaus haben sie durch das gezielte Entfernen von Biofilm-Plasmiden nachgewiesen, dass sowohl die Fähigkeit zur Anheftung an Oberflächen als auch die zum Schwimmen verloren ging. „Die entscheidenden Erbinformationen müssen also auf diesen extrachromosomalen Elementen liegen“, erläutert Jörn Petersen. Die Vererbung über Plasmide begünstigt eine vergleichsweise einfache Weitergabe ihrer Gene über die Artgrenze hinweg. „Unsere Studie zeigt, dass sich selbst so komplexe Eigenschaften wie die Fähigkeit zur Biofilmbildung über horizontalen Gentransfer weitergeben lassen“, so Petersen. In der Roseobacter-Gruppe ist das sogar mehrfach vorgekommen, was die zentrale Bedeutung der Plasmide für eine schnelle Anpassung an neue ökologische Nischen reflektiert.

Roseobacter-Bakterien in der Petrischale

Roseobacter-Bakterien in der Petrischale. Foto: ©Leibniz-Institut DSMZ

Bakterien der Roseobacter-Gruppe

Der Großteil der 33 untersuchten Roseobacter-Stämme repräsentiert Typusmaterial, also Referenzstämme der globalen Bakterien-Vielfalt, die in der Sammlung der DSMZ archiviert wird. Im Unterschied zu vorherigen Studien haben die DSMZ-Forscher diese Gruppe in ihrer kompletten evolutiven Bandbreite genetisch analysiert. „Die vorliegende Untersuchung geht weit über anekdotische Befunde an Modellorganismen hinaus und dokumentiert die enge Verknüpfung von Grundlagenforschung und Sammlungsaktivität an der DSMZ. Dabei spiegelt sie auch deren Bedeutung als eines der weltweit führenden Ressourcenzentren für biologisches Material wider“, so Petersen.

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Untersuchungen erfolgten im Rahmen des Sonderforschungsbereiches (TRR51) „Roseobacter“. Die Ergebnisse haben die Forscher jetzt im renommierten Fachmagazin ISME Journal aus der Nature Publishing Group veröffentlicht.

Hintergrund:

Petersen J, Frank O, Göker M, Pradella S. (2013). Extrachromosomal, extraordinary and essential – the plasmids of the Roseobacter clade. Applied Microbiology and Biotechnology 97: 2805-2815.
Frank O, Michael V, Päuker O, Boedeker C, Jogler C, Rohde M, Petersen J. (2015). Plasmid curing and the loss of grip–the 65-kb replicon of Phaeobacter inhibens DSM 17395 is required for biofilm formation, motility and the colonization of marine algae. Systematic and Applied Microbiology 38:120-127.

Wissenschaftlicher Kontakt:

PD Dr. Jörn Petersen
Abteilung Protisten und Cyanobacterien (PuC)
Leiter Projekt A5 „Plasmide“ Transregio Sonderforschungsbreich (TRR51)
Tel.: 0531 2616-209
E-Mail: joern.petersen@dsmz.de

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