29 Pottwale in der Nordsee gestandet

Pottwal Helgoland
Pottwale: 29 Standungen in der Nordsee. Foto: © Jochen Dierschke

Viele Pottwale an den Küsten Deutschlands, der Niederlande, Großbritanniens und Frankreichs gestrandet

Seit Januar 2016 bis Anfang Februar sind insgesamt 29 Pottwale an den Küsten Deutschlands, der Niederlande, Großbritanniens und Frankreichs gestrandet. Die Wal- und Delfinschutzorganisation WDC hält diese Zahl für alarmierend: es handelt sich um einen traurigen Rekord, bisher gibt es keine Aufzeichnungen über derart hohe Strandungszahlen bei Pottwalen.

Die folgende Grafik zeigt alle Pottwalstrandungen mit Todesfall:

Pottwalstrandungen 2016

In den geringen Wassertiefen der Nordsee kommen Pottwale normalerweise nicht vor. Vermutlich aus arktischen Gewässern Richtung Süden schwimmend, sind sie möglicherweise zu früh in die durchschnittlich nur etwa 100 Meter tiefe Nordsee abgezweigt und kamen so von ihrer Route in wärmere Gewässer ab.

Pottwalstrandungen 2016

Neben den Pottwalen sind im gleichen Zeitraum und Gebiet außerdem ein junger Schwertwal, zwei Zwergwale, eine Streifendelfin-Mutter mit Jungtier sowie ein Kurzschnäuziger Gemeiner Delfin aufgefunden worden. Die Strandungen von unterschiedlichen Arten könnte ein Indiz dafür sein, dass eine Kombination unterschiedlicher Ursachen auf die Meeressäuger einwirkt.

Warum können die gestrandeten Pottwale nur selten gerettet werden?

Häufig sind die Pottwale bereits tot, wenn sie am Strand entdeckt werden. Doch auch wenn sie noch am Leben sind, kann man sie nicht einfach zurück ins Meer ziehen – bei einem Gewicht von bis zu 55 Tonnen bei männlichen Pottwalen würde das ein erhebliches Verletzungsrisiko für die Tiere bedeuten. Außerdem muss der Rettungsplan individuell an das gestrandete Tier und die Umgebung angepasst werden, je nach Zustand des Tieres, der jeweiligen Art, ob Flut oder Ebbe ist, ob Strömungen vorhanden sind oder ob die Wetterbedingungen eine Rettung überhaupt zulassen.

Je früher ein gestrandeter Wal entdeckt wird, desto besser – deshalb erklärten sich beispielsweise viele freiwillige Helfer aus Norfolk in Großbritannien bereit, von der Küste aus mit dem Fernglas das Meer zu beobachten, nachdem am 9. Februar erneut ein Wal in seichten Gewässern entdeckt wurde.

Kann man weitere Strandungen von Pottwalen verhindern?

Solange die Ursachen nicht geklärt sind, wird dies nur schwer möglich sein. Es gibt Ansätze, bei denen versucht wird, Wale mit Booten in eine bestimmte Richtung zu leiten. Diese Versuche sind jedoch nicht unbedingt erfolgreich, wie beispielsweise beim verirrten Schnabelwal in der Ostsee. Die Wale könnten sich zudem von den Booten bedrängt oder gestresst fühlen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Ursachen erforscht werden, nur so kann man das Problem an der Wurzel bekämpfen und weitere Strandungen verhindern.

Welche Ursachen kommen in Frage?

  • Veränderungen der Meeresumwelt wie beispielsweise Strömungen oder ein ungewöhnliches Vorkommen der Beute. Pottwale jagen Tintenfische und sind möglicherweise ihren Beutetieren in wärmere Gewässer gefolgt.
  • Sonnenwinde in Kombination mit deren Auswirkungen auf das Magnetfeld der Erde könnten ebenfalls Ursachen sein, jedoch ist derzeit noch nicht erwiesen, dass sich Pottwale am Magnetfeld orientieren. Es gibt dafür aber Hinweise bei anderen Walarten.
  • Unterwasserlärm, zum Beispiel durch militärische Übungen oder seismische Untersuchungen. Unterwasserlärm schädigt das empfindliche Gehör und führt zu Orientierungsproblemen bei den Meeressäugern.
  • Fehlende Erfahrung der Tiere
    a) die richtige Wanderroute einzuschlagen,
    b) im Umgang mit unbekannten Terrain und
    c) sich in Notsituationen und unter Stress angemessen zu verhalten.
  • Krankheiten, zum Beispiel eine bakterielle oder virale Infektionen, die bekannt dafür sind, zu Massenstrandungen von Walen zu führen. Ob die Wale an einer Infektion litten, kann voraussichtlich durch die Nekropsie der toten Tiere geklärt werden.
  • Sozialverhalten: die Gruppenmitglieder verhalten sich ihren Artgenossen gegenüber loyal, auch wenn sie selber in Gefahr geraten. Möglich ist auch, dass bestimmte Tiere eine Leitfunktion haben. Wenn diese Tiere desorientiert sind, hätte das Auswirkungen auf die gesamte Gruppe.

Am wahrscheinlichsten ist, dass die Strandungen auf eine Mischung aus verschiedenen Ursachen bzw. Auslösern zurückzuführen sind. WDC geht den verschiedenen Ursachen auf den Grund, um solche Massenstrandungen in Zukunft verhindern zu können

Pottwalstrandung Dithmarschen 2016

Pottwalstrandung Dithmarschen 2016. Foto: © Brunckhorst

Warum handelt es sich bei den gestrandeten Walen hauptsächlich um junge männliche Tiere?

Männliche Pottwale ziehen bis zur Geschlechtsreife in Junggesellen-Gruppen umher. Da die männlichen Pottwale eher in nördlichen (polaren) Gebieten leben und mit zunehmendem Alter Abstecher in den Süden machen, ist es auch wahrscheinlicher, dass bei den aktuellen Strandungen eher männliche Tiere betroffen sind. Die weiblichen Pottwale bleiben mit ihren Nachkommen dauerhaft in subtropischen oder tropischen Gewässern wie den Azoren oder Kapverden.

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